Newsletter XXIII

Liebe Lords und Ladies, Unterstützer und Unterstützerinnen, Freunde und Freundinnen Hundertbüchelns, Siebenbürgenbegeisterte und edle Spender und Spenderinnen,

zuerst einmal hoffen wir, dass Euch dieser Newsletter XXIII bei guter Gesundheit erreicht. Trotz der anhaltenden, weltweiten Pandemie haben wir auch in diesem Jahr fleißig weiter an unserem Projekt gearbeitet. Ein großer Vorteil war natürlich, dass zwei unserer Vereinsmitglieder gerade rechtzeitig ihren Lebensmittelpunkt nach Hundertbücheln bzw. in das Harbachtal verlegt haben und dadurch trotz der stark eingeschränkten Reisemöglichkeiten unsere Ideen und Projekte mit nicht nachlassender Begeisterung weiterverfolgt werden konnten.

Produkte aus Hundertbücheln

Im Sommer konnten - ganz anders als geplant - leider nur wenige Gäste die vielfältigen Geschmacksrichtungen unseres mit Liebe angelegten Gemüse- und Kräutergartens direkt am Ort genießen. Aber gepflanzt ist gepflanzt, und so wurden sie auch alle reif: Zwiebeln, Tomaten, Paprika, Gurken, Auberginen, Karotten, Bohnen, Ringelblumen, Maiskolben und noch so vieles mehr. Um all die wunderbaren Erzeugnisse aus unserem Garten zu einem späteren Zeitpunkt genießen zu können, haben wir uns also daran gemacht, kunstvolle Zwiebelzöpfe zu flechten, unsere Trockenrahmen im Schichtbetrieb zu nutzen und noch tiefer in die Geheimnisse des Einmachens einzutauchen. Wir hoffen sehr, dass ihr im nächsten Jahr wieder die Gelegenheit haben werdet, Eure Zunge direkt in unserem Garten an die Grenzen des Wahrnehmbaren zu führen.

Von Türen und Toren

Wie in unserem letzten Newsletter angekündigt, standen im Spätsommer auch die Arbeiten an Tür und Tor des Lehrerhauses unaufhaltsam an. Bei der Vorbereitung ist uns aufgefallen, dass in Siebenbürgen immer mehr traditionelle Holztüren und -tore aus den Bauernhausfassaden verschwinden und durch industriell hergestellte Stahltüren ersetzt werden. Dies ändert das Erscheinungsbild der Häuser und der Dörfer wesentlich. Daher gibt es zum Beispiel in Klausenburg und Temeschwar Initiativen, welche die Restaurierung alter (Holz-)Türen und Tore finanziell unterstützen. Freunde von uns machen dies nun auch in Mediasch, einen kleinen Eindruck von Ihrer Arbeit und der Schönheit von Tür und Tor bekommt ihr hier: https://www.instagram.com/doorsofmedias/

Aller Anfang ist schwer – Die Holzarbeiten

Die schweißtreibende Arbeit am Holzrahmen des zweiteiligen Tores ging Anfang August los. Unter Anleitung von Alex Herberth, einem erfahrenen Schreiner aus Großschenk, ging es für Vicky, Marie und Aaron daran die Friese (äußeren Rahmenteile) abzulängen, zu hobeln (mehrere Tage per Hand!), 24 Holznägel Millimeter genau zu schnitzen, Zapfen und Zapfenlöcher mit dem Stemmeisen auszuarbeiten und, ganz wichtig, alles Werkzeug immer schön scharf zu halten. Fast alle Arbeiten wurden händisch und mit traditionellen Werkzeugen ausgeführt. Jetzt wissen wir auch wofür und wie ein Falz-, Putz-, Schab- und Wangenhobel, Messschieber, Stemmeisen, Klöpfel und vieles mehr genutzt wird. Mit den fertigen Holzarbeiten ging es dann zu Micha in die Schmiede um Gurtbänder, Pfostenschuhe und Torbeschläge zu fertigen. Zum Schluss wurde zum Test alles einmal zusammengesetzt und voilá, es passt!

Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen und wir sind uns sicher, dass wir damit ein vorbildliches Beispiel geschaffen haben. Während des Rahmenbaus in Großschenk kamen schon einmal einige Dorfbewohner vorbei und waren begeistert von der Arbeit. Besonders bedanken möchten wir uns bei Vicky, ohne deren Begeisterung, Motivation und starken Oberarme beim Torbau nichts passiert wäre, und bei Aaron und Marie für Ihre tatkräftige Mitarbeit!

Tür - Intermezzo

In der Zwischenzeit ist mit Ines, Matze, Anatol und Felix auch Unterstützung aus Deutschland angereist, die unverzüglich und frohen Mutes die Pinsel geschwungen und den neue Torrahmen mit Öl eingelassen haben. Dabei wurde der alte Rahmen der Haustür gleich mit bearbeitet, denn neben dem Tor hat unser Haus gleich auch eine neue Eingangstüre bekommen. Gefertigt und montiert wurde diese von Thorsten Hültsch aus Schäßburg. So erstrahlt jetzt neben den weißen Fenstern des Hauses auch die Tür in neuem Glanz und verleiht dem Haus wieder respektabeles Äußeres.

Das Ende auch – Die Maurer- und Steinarbeiten

Nach kurzer Pause ging es dann auch gleich mit den Arbeiten am Torbogen weiter. Die beiden Säulen, die das Sims tragen, waren leider schief und krum und mussten für das neue, perfekt gerade Tor wieder ins Lot gebracht werden. Der Fundamentstein, auf dem der Beschlag des Tors später ruhen wird, war auch gebrochen. Nach Befragung von zahlreichen Fachleuten und mit vielen unterschiedlichen Meinungen haben wir uns dafür entschieden, den Großteil des Steins in der Mauer zu belassen. Anstelle der gebrochenen Auflagerecke ist nun ein ca. 30x40x80cm großer, neuer Fundamentstein eingesetzt. Den Stein zu bearbeiten hätten wir ohne die Hilfe von Ionuț Dobra (Steinmetz) auch nicht so ohne weiteres geschafft.

Im Anschluss ging es daran, die Tragbalken auszutauschen (vielen Dank für die Hilfe von Henner, Bretzel, Katja und Gabi) und ein neues Sims / Dach über dem Tor aufzumauern. Hier hatten wir zum Glück auch noch die Unterstützung und Motivation von Anja und Seba aus Trappold sowie von Rainer, Sonja und Marya, mit deren Hilfe wir das Ganze innerhalb von zwei Tagen geschafft haben! Mörtel (3 Teile Sumpfkalk, 1 Teil Sand, Wasser nach Gefühl) per Hand mischen, Backsteine schleppen, alles ins Lot bringen, Kanten abschlagen, Dachziegel setzen und dabei beobachten, wie sich die Hände durch den Kalk trotz Handschuhe langsam auflösen, hat uns auch die Freuden des Maurerhandwerks etwas näher gebracht.

Und damit ist jetzt alles bereit für die finalen Arbeiten, die im Laufe des Herbst / Winters passieren werden. Das Tor wird dann eingesetzt und die Verschalung (deren Design sich noch in Diskussion befindet) eingearbeitet. Wie ihr merkt sind an den Arbeiten viele unterschiedliche Menschen aus dem Harbachtal und der Umgebung beteiligt. Die gegenseitige Unterstützung ist für solche Arbeiten (vor allem wenn wir Sie selbst machen...) Gold wert und für uns mindestens genauso wichtig wie die Arbeit an sich.

Movile-Box

Viele Movilianer pflegen zum Teil ein Leben in Subsistenzwirtschaft. Das bedeutet, sie gehen nicht 40 oder mehr Stunden pro Woche arbeiten und kaufen sich die Produkte des täglichen Lebens im Supermarkt, sondern sie arbeiten nur intervallweise (da es im Ort und der Region nur wenige Einkommensmöglichkeiten gibt, oft für mehrere Monate in Westeuropa als unterbezahlte Spargelstecher, in Schlachthöfen, Verpackungsbetrieben, in der Altenpflege usw.) um Geld zu verdienen und stellen in anderen Zeiten Produkte für den Eigenbedarf her, insbesondere Tierprodukte und auf traditionelle Weise haltbar gemachte Lebensmittel aus dem Garten oder auch vom Markt. Einerseits gibt es aus diesem Grund viele Nutzgärten, hier wird leckeres Gemüse und Obst in allen Farben und Formen angebaut. Andererseits findet man deshalb auch eine tierparkähnliche Anzahl an Tieren verteilt in den Höfen, am Dorfanger oder auf der Allmendeweide, z.B. Hühner, Gänse, Schweine, Schafe, Kaninchen, Enten, Ziegen, Kühe und Pferde. Wer einmal den Geschmack dieser Lebensmittel auf der eigenen Zunge erfahren hat, wird ihn so schnell nicht mehr vergessen.

Die Leser unserer Newsletter wissen, dass die traditionelle Lebensweise und damit die Herstellung traditioneller Produkte leider immer häufiger aufgegeben werden muss. Wer in der Landwirtschaft eines anderen Landes arbeitet, kann natürlich selbst keine Felder bestellen oder Tiere halten – am deutlichsten bemerken wir diese Entwicklung an der rasant schrumpfenden Dorfkuhherde und der Umwandlung der ehemals vielfältigen Felder und Wiesen in reine Maisäcker durch ausländische Agrarinvestoren. In diesem Jahr nun ist für viele Menschen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie selbst die Einkommensquelle durch unterbezahlte Arbeit im Ausland ersatzlos weggefallen, trotz der so zahlreichen wie fragwürdigen Ausnahmen für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft und in Schlachtbetrieben.

Wir wollen versuchen, den beschriebenen Teufelskreis zu durchbrechen und interessierten Menschen dabei helfen, selbst Einkommensquellen zu erschließen und eine eigene Produktion aufzubauen. Aus unserer Überzeugung kann das nicht schnell gehen, z.B. in Form eines Investments in große, konventionelle Produktionsanlagen, die mit den Weltmarktpreisen konkurrieren können. Vielmehr sollten die zum Glück noch nicht vergessenen, traditionellen Produktionsweisen aufgegriffen und schrittweise in Zusammenarbeit mit der Dorfbevölkerung weiterentwickelt werden. Wir haben uns deshalb entschlossen, die in diesem Jahr ins Leben gerufene Idee der „Movile-Box“ im Sinne der solidarischen Landwirtschaft zu unterstützen, um den ersten Schritt zur Förderung der lokalen Produktion gehen zu können.

In der „Movile-Box 2020“ werden acht bis zehn köstliche Spezialitäten, heilsame Naturprodukte, lebhafte Geschichten und weitere Überraschungen aus Hundertbücheln eingefangen und auf ein duftendes Bett aus Wiesenblumen gelegt. Wer sich selbst oder anderen eine Freude machen will und gleichzeitig den Aufbau einer langfristigen lokalen Produktion ermöglichen sowie den Bewohnern unseres Dorfes in schweren Zeiten helfen will, kann unter folgender Adresse weitere Informationen über das Projekt einholen und die Movile-Box für nur 35 € bestellen: movilebox@gmx.de. Natürlich ist die Movile-Box auch ein ideales Weihnachtsgeschenk für alle Siebenbürgenliebhaber, Abenteurer und Genussmenschen, je früher die Bestellung eingeht, desto wahrscheinlicher erfolgt die Lieferung rechtzeitig zu den Festtagen - nur solange der Vorrat reicht! Je nach Nachfrage soll das Angebot in den nächsten Jahren ausgebaut, neue Produkte ausprobiert und die Zusammenarbeit mit weiteren Dorfbewohnern ausgeweitet werden.

Wintermeeting

Wie gewohnt beenden wir die Aktivitäten unseres Vereins auch in diesem Jahr mit unserem legendären churchfortress-Wintermeeting – nur um direkt im Anschluss in das nächste Vereinsjahr zu starten. Natürlich heißt es auch für uns im Zeichen der weltweiten Pandemie Abstand halten, also werden es sich die Lords und Ladies von Churchfortress Castle diesmal zu Hause gemütlich machen und die technischen Möglichkeiten ausschöpfen um sich virtuell zu treffen, das vergangene Jahr zu reflektieren, den großen Movile-Geist heraufzubeschwören und neue Pläne für unser kommendes, sechstes Vereinsjahr zu schmieden. Seid gespannt, was wir diesmal aushecken!

Es grüßt die Newsletter-Redaktion

Jonas, Katra & Yoti