Kirchenglocken

Wieso, weshalb und warum wer­den „die Glock­en der Hei­mat“ ge­läutet? Wie kling­en sie und was unter­scheidet sie von Trompe­ten oder an­deren Glocken? Was sind die Merkmale der großen Glocke von Movile?

Geschichte: Nachdem etwa im Jahre 1180 deutsche Sied­ler erstmals die Hundertbüchler Ge­mar­kung besiedelten, wurde ca. 1225 mit dem Bau der Kirche im romanischen Stil be­gon­nen. Die kleine Glocke wurde 1411 er­stan­den, sie trägt die Inschrift: ”Michael, ora pro nubis ad dominium, 1411” (Michael, bitte für uns zu Gott, 1411). 1496 wurde die mittlere Glocke gekauft, sie trägt die In­schrift: “O rex gloriae, veni com pace! Egidius sankt Michaeli 1496” (O König der Herrlichkeit, komm mit deinem Frieden! Egidius dem Heiligen Michael).

Nachdem 1654 in Hundertbücheln die Pest ausgebrochen war und 1658 ein tatarisch-moldauisch-walachisches Heer Sieben­bürg­en überfallen hatte, wurde auch Hundert­bücheln belagert. Die Burg hielt der Belagerung stand, das bezeugen die noch am alten Gerüst hängenden Glocken. Ein seltener Fall in Siebenbürgen! Die Gemeinde aber brannte nieder. [http://www.hundertbuecheln.de/geschichte.htm]

Funktion der Glocken: Von einem Kirchturm her bietet sich dem Besucher ein wunder­barer Überblick über das gesamte Dorf und Wald und Flur. Fast immer haben auch die Kirchenglocken ihren Platz auf den Kirchtürmen gefunden. Von hier aus sind sie in der ganzen Ortschaft und oft auch noch im entfernten weiten Umfeld zu hören.

Ihr Klang ruft die Menschen zum Gottes­dienst oder zum Gebet. Wurde die Glocke nicht geläutet, sondern geschlagen, das heißt, ihr Klöppel in zeitlich kurzen Ab­ständ­en von Hand an den Rand der Glocke geschlagen, drohte Gefahr. Es konnte auf nahende Feinde oder Feuer hinweisen. Im ersten Fall wurden die Bewohner gerufen, sich in den Schutz der Kirchenburg zu begeben und die Verteidigung einzuleiten; im Falle eines Brandes wurden sie gerufen, mit einem entsprechenden Werkzeug oder Gerät zur Bekämpfung desselben zu eilen.

Das Läuten der Glocke war im Lauf der Jahrzehnte zu einem Zeichen der Identität der Bewohner geworden. Ihr spezifischer Klang war unverwechselbar. [https://www.ceeol.com/search/article-detail?id=181183]

Was macht die Hundertbüchler Glocke ein­zig­artig? Sicherlich ihr Klang, ihre uralte Aufhängung und die Tatsache, daß sich im Turm ein Uhu einge­nistet hatte und sie für die besten Dorf­be­woh­ner läuten durfte!

Zum Klang. Dieser wird durch das zu­grun­de­liegende Spektrum charakterisiert. Sicherlich haben Sie ge­wusst, daß sich Licht und Töne aus ver­schieden­en Schwingungen zusammen­setz­en. Die farbliche Komposition des Lichtes kann man schön beim Regen­bogen be­ob­achten.

In der Physik wird solch eine Auf­schlüsselung in die zugrunde liegenden Schwingungen übersichtlich im Frequenz­bereich dargestellt. Eine Fast-Fourier Analyse (FFT) der dis­kreten Tonaufnahme zeigt, aus welchen Schwing­ung­en der Ton besteht und welche An­teile an der Ge­samt­amplitude (in dB) jede einzelne hat.

Im Frühjahr 2016 nahmen wir den Ton der großen Glocke mit einem iphone 5 auf und konvertierten die Datei von m4a nach wav und von Stereo nach Mono. In Audacity schnitten wir einen Teil heraus, um folgend den Auskling­vorgang einer FFT-Analyse zu unterziehen. Es ist eindeutig zu erkennen, daß sich der Glockenton aus zwei Haupt-Schwingungen zusammensetzt. Diese zwei Haupttöne wer­den in der Musik mit A und F be­zeich­net, nach internat. wiss. Bezeichnung als A3 und F4; (A3, 224Hz -18dB, F4, 340Hz -20,9dB)

Hiermit kann nun die Anfangsfrage beant­wor­tet werden. Der Glockenton ist eindeutig durch seine beteiligten Schwingungen spezi­fi­ziert. Doch wie sehen solche Schwingung­en aus? Glockentöne werden durch Um­fangs- und Kreis­biegeschwingung des elas­ti­schen Kör­pers erzeugt. Wir fanden diese Schwing­for­men durch eine FEM Berechnung.

Ergebnis: Die große Glocke hat zwei domi­nante Grundschwingungen. Es sind das A und das F.

Mich wundert es nicht, immerhin hat sie ja auch zwei Kirchtürme! Ist es Zufall, daß der Plot des Frequenz­spektrums die Kirche mit ihren zwei Türmen auf den hundert Bücheln zeigt?

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Große Glocke im Frequenzbereich

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Selbst hören:

Ein Schlag der großen Glocke:   Ausschwingverhalten große Glocke original:   Ausschwingverhalten große Glocke simuliert:  

Abbildungen:

Im Glockenturm hängen drei vorreformatorische Glocken. Die große Glocke stammt aus der Zeit um 1400.
Im Glockenturm hängen drei vorreformatorische Glocken. Die große Glocke stammt aus der Zeit um 1400.
Zeitlicher Verlauf der beteiligten Schwingungen – nur die zwei Gundschwingungen A und F bleiben beim Aus¬klingen erhalten, alle anderen anfänglich angeregten Frequenzen klingen schnell ab.
Zeitlicher Verlauf der beteiligten Schwingungen – nur die zwei Gundschwingungen A und F bleiben beim Ausklingen erhalten, alle anderen anfänglich angeregten Frequenzen klingen schnell ab.
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Zwei Schwingformen des Klangspektrums.
Zwei Schwingformen des Klangspektrums.